Prälat Max Müller zum 90. Geburtstag - page 56

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Bildungsforscher warnen davor, Individualisierung quasi als
selbstverständliche Unterrichtsform zu thematisieren, „[…]
ohne im Einzelnen anzugeben, welche differenziellen Unter-
richtsformen, Lehrmethoden und sozialen Interaktionsmodi
unter welchen klassenspezifischen Bedingungen und im Hin-
blick auf welche pädagogischen Zielsetzungen zu praktizieren
sind, um die erwünschten Effekte zu erzielen, unerwünschte
Nebeneffekte zu vermeiden und die Lehrer nicht heillos zu
überfordern. Ein wahrhaft herkulisches pädagogisches Pro-
blem“ (W
EINERT
1997, S. 50).
Auch K
LIPPERT
(2008, S. 103) richtet sein Augenmerk auf die
Belastung des Lehrers: „Zwar ist es richtig, dass alle Schü-
ler/innen auf spezifische Weise verschieden sind und mehr
oder weniger unterschiedliche Leistungspotenziale haben.
Daraus jedoch den Schluss abzuleiten, dass jedem Schüler sein
eigenes Lernpaket geschnürt werden muss, ist ebenso uto-
pisch wie pädagogisch fatal. Utopisch deshalb, weil die schon
jetzt hohe Vorbereitungsbelastung vieler Lehrkräfte nachge-
rade ins Unermessliche gesteigert werden müsste, wenn man
diesen Ansatz hierzulande ernsthaft zu Ende denkt. Konse-
quente Individualisierung setzt nämlich Unmengen an unter-
schiedlichen Materialien und Aufgaben voraus, die bislang
aber weder da sind, noch mit vertretbarem Zeit- und Arbeits-
aufwand hergestellt werden können“.
Individuelle Förderung ist jedoch leistbar. Sie „hört sich zu-
nächst nach viel Arbeit und Aufwand an. Wer aber Verschie-
denheit nur als Problem in den Vordergrund rückt, übersieht,
dass Lerngruppen auch sehr viele Gemeinsamkeiten haben,
die für die Unterrichtsplanung genutzt werden können. Indivi-
duelle Förderung bedeutet nicht, für 25 Kinder 25 Einzelstun-
den konzipieren zu müssen“ (T
EWS
-V
OGLER
2013, S. 6). „Jede/r
1...,46,47,48,49,50,51,52,53,54,55 57,58,59,60,61,62,63,64,65,66,...93
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